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75 Jahre FGV-Unterkunftshaus "Seehaus"
"Wer mit einer Streu zufrieden ist, kann auch allenfalls übernachten..."

Dietmar Herrmann

Im Hohen Fichtelgebirge zwischen Platte und Nußhardt, da wo sich der Höhenweg mit dem Mittelweg kreuzt, liegt auf einer großen Waldlichtung das beliebte Unterkunftshaus des Fichtelgebirgsvereins "Seehaus", das in diesem Jahr auf ein 75jähriges Bestehen zurückblicken kann. Seine Entstehungsgeschichte verdankt es dem Bergbau auf Zinn. Heimatforscher Rudolf Thiem aus Vordorfermühle hat im Heft 8/1998 der FGV-Schriftenreihe "Das Fichtelgebirge" die Geschichte des Zinnbergbaus veröffentlicht und dabei auch ausführlich die Zinnerzgewinnung beim Seehaus beschrieben. Ab Mitte des 18. Jahrhunderts beginnt dort der Abbau des Erzes in den Gruben "Glück auf" und "Friedrich-Carls-Glück", der dann mit Unterbrechungen bis 1826 andauert. Die erste Erbauung eines Zechenhauses für die Bergarbeiter erfolgte 1762, im Jahr 1803 wird das Gebäude wegen Baufälligkeit abgerissen und bald darauf wieder neu aufgebaut. Doch schon im Februar 1805 wird das Haus ein Raub der Flammen, wobei die achtjährige Tochter des Bewohners Karl Unger ums Leben kommt. Mit bergamtlicher Genehmigung erfolgt unmittelbar danach der Wiederaufbau des Gebäudes "auf dem See", wie es in den Akten heißt. Doch auch dieses Gebäude scheint nicht lange gehalten zu haben, denn 1818 wird von Johann Gottlieb Reißmann ein Haus "mit Steinen neu aufgebaut", 1842 geht es an die Forstverwaltung über.
 
Verfolgen wir zunächst die alten "Fichtelgebirgs-Chronisten", was sie über das alte Seehaus zu berichten wussten. Der prominenteste Besucher dürfte wohl Johann Wolfgang v. Goethe gewesen sein, der bei einer gewaltigen Tagestour am 1. Juli 1785 von Wunsiedel aus zum Ochsenkopf gewandert ist und dabei zum "Zechenhaus" kam. Er beschreibt in seinem Tagebuch die "Zinnwasche" und den Vorgang der Zinnerzgewinnung recht ausführlich. Den Seehausbrunnen, der heute noch vorhanden ist, hielten Goethe und seine Begleiter als Quelle des Weißen Mains und am Bach zur Zinnwäsche sah man viele "tridentaria europaea" (Trientalis europaea), die Pflanze Siebenstern. Johann Michael Füssel berichtet 1787 in seinem Tagebuch von seinem Aufenthalt im Zinnwerk auf dem Seehaus, dass er als "Hütte" bezeichnete. Im Sommer sei es hier sicher angenehm, schreibt er. Im Winter wäre es für ihn eine wahre Strafe, hier wohnen zu müssen. "Da soll die Luft schneidend, die Kälte unausstehlich und der Schnee oft so hoch sein, dass er den Ausgang aus der Hütte verwehrt". Füssel weiter: "Bei ihrem unvergleichlichen Quellwasser, rauhen Haberbrot, aber desto herrlicheren Erdäpfel leben sie vergnügter als wir auf der mildesten Ebene bei Schmaus und Tanz". Einen Situationsbericht vom Seehaus gibt uns 1839 auch Major v. Plänckner in seinem "PINIFERUS - Taschenbuch für Reisende": "Man findet daselbst Bier, Milch, Butter, ganz vortreffliches Brunnenwasser und ein Fremdenbuch. Wer mit einer Streu zufrieden ist, kann auch allenfalls übernachten."

Längere Zeit schweigen nun die Akten, erst 1917 erfolgt die Wiederaufnahme des Zinnbergbaus in den Gruben "Wilhelmsglück I und II", "Constantin I und II" und "Fridasglück", wo 12 bis 15 Arbeiter beschäftigt werden. Es handelte sich hierbei aber nur um einen Versuchsbau, der 1924 wieder eingestellt wurde. Bereits 1916 hatte das königliche Forstamt Fichtelberg das Seehaus dem Fichtelgebirgsverein zur Pacht mit Bewirtschaftung angeboten. Dem Heimatverein war es damals jedoch nicht möglich, das Angebot anzunehmen. Im Oktober 1925 richtete dann der FGV eine Anfrage an die Forstverwaltung wegen der Übernahme des Hauses, das jedoch noch an die Zinnberg-Gewerkschaft "Wilhelmsglück" verpachtet war. Durch Verhandlungen gelang es dem Heimatverein, dass die Bergwerks-Gesellschaft aus dem Pachtvertrag vorzeitig zurücktrat und somit das Haus am 25.3.1926 vom FGV übernommen werden konnte, wobei auch ein einfacher Wirtschaftsbetrieb genehmigt wurde. 1927 übernahm die FGV-Ortsgruppe Hof die alleinige Betreuung des Hauses und sie kümmert sich auch heute noch um das Seehaus. Nachdem das hölzerne Gebäude baufällig geworden war, wurde mit den Abbrucharbeiten am 9.6.1928 begonnen, am 12.6.1928 der Grundstein für ein neues Gebäude gelegt und schon am 16.9.1928 konnte man das neue Wanderheim bei einer eindrucksvollen Feier der Öffentlichkeit übergeben. Seit nunmehr 75 Jahren unternehmen die Hofer "Siebensternler" und der FGV-Hauptverein enorme Anstrengungen, um das Berghaus in 922 Meter Höhe für den Wanderer zu erhalten, und wie man sieht, mit Erfolg. Besondere Verdienste hat sich dabei Richard Fischer erworben, der das Haus "auf dem See" seit über 40 Jahren ehrenamtlich betreut und der "dienstälteste Hüttenwart" des FGV ist

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