Der Landshuter Erbfolgekrieg: 1000 Tote im
Fichtelgebirge
Dietmar Herrmann
Die blutigen Auseinandersetzungen im Jahre 1504
anlässlich des Landshuter Erbfolgekriegs, der in den Geschichtsbüchern
auch als „Bayerischer Unfried“ geführt wird, kostete auch 1000
Fichtelgebirglern das Leben. Obwohl die erbrechtlichen Streitigkeiten
weit ab vom Herrschaftsgebiet der Bayreuther Markgrafschaft stattfanden,
waren es Bewohner des Fichtelgebirges, die in der Region von Neusorg/Ebnath
ihr Leben lassen mussten. Werfen wir zunächst einen Blick auf
die politischen Vorgänge im altbayerischen Raum, wo das Unglück
seinen Ausgang nahm. Dort residierten in den Teilfürstentümern
Bayern-Landshut Herzog Georg der Reiche (1478 – 1.12.1503) und in
Bayern-München Albrecht IV (1465 – 1508).
Als am 1. Dezember 1503 Herzog Georg starb, vermachte er entgegen
des Hausvertrages von Pavia (1485) sein Erbe nicht seinem Vetter
Albrecht, sondern seinem Schwiegersohn Pfalzgraf Ruprecht von der
(Rhein-)Pfalz und dieser übernimmt daraufhin die Burgen Landshut
und Burghausen. Albrecht hatte sein Erbrecht erfolglos geltend gemacht,
obwohl Kaiser Maximilian ihn in einem Schiedsspruch das Erbe zusprach.
Die Kurpfälzer besetzen mit Waffengewalt die Städte Landshut
und Burghausen und es beginnt ein zügelloser Krieg. Württemberger
und kaiserliche Truppen fallen in die Rheinpfalz ein, die Reichsstadt
Nürnberg erobert die Orte Hersbruck, Lauf, Velden, Altdorf.
Böhmenkönig Ladislaus kommt dem Pfalzgrafen zu Hilfe –
Raub, Mord, Brandschatzung, Plünderungen auf beiden Seiten.
Am 20. Juli 1504 stirbt Ruprecht, am 15. September 1504 seine Ehefrau
nach der Geburt von Zwillingen. Eigentlich wäre zu diesem Zeitpunkt
der Krieg beendet gewesen, in Tirol tobte er weiter bis Ende Februar
1505. Auf dem Reichstag in Köln wurde am 30. Juli 1505 die
Reichsacht über die Anhänger Ruprechts aufgehoben, man
beendete damit „offiziell“ den Krieg.
Zurück in unsere Region, was war hier geschehen? Markgraf Friedrich
von Ansbach-Kulmbach-Bayreuth steht auf der Seite von Albrecht IV.
und beteiligte sich mit seinen Söhnen Casimir und Georg an
den kriegerischen Auseinandersetzungen. Er gab seinem Statthalter
auf der Plassenburg, Konrad v. Wirsberg und dem Wunsiedler Amtmann
Alexander v. Lüchau den Auftrag, Raubzüge in die dem Kurfürsten
gehörende „Obere Pfalz“ zu unternehmen. Die Hälfte der
Beute beanspruchte der Markgraf für sich, bzw. für seine
Truppen. Berichtet wird, dass die Markgräflichen plündernd
in das oberpfälzer Gebiet vordrangen, die Pfälzer ihrerseits
im Juni 1504 in das Amt Wunsiedel einfielen und in Tröstau
alles Vieh wegtrieben – es gab die ersten Toten zu beklagen. Amtmann
v. Lüchau war es, der das einzige sich lohnende Ziel für
einen größeren Überfall aussuchte: das Kloster Waldsassen.
Dieses gehörte zwar nicht zum Hoheitsgebiet des Kurfürsten,
stand aber unter seinem besonderen Erbschutz. Und als man in Er
fahrung gebracht haben wollte, dass das Kloster
dem Kurfürsten mit Truppen unterstützt, war dies Grund
genug für v. Lüchau und den „oberländischen Adel“,
einen Überfall zu planen. Nach dem Bericht eines Waldsassener
Mönches soll es ein Haufen von 3000 Mann gewesen sein, der
am 4. August 1504 das Kloster stürmte und das Schloss des Abtes
plünderte. Alles Essbare und große Mengen an Getreide
wurden auf Wagen aufgeladen und weggefahren, die erhofften Wertsachen
fand man allerdings nicht, diese hatten die Mönche schon vorher
nach Eger gebracht. Aus dem Bericht des Mönches: „Während
man auf beiden Seiten kämpfte, hörte man den furchtbaren
Schlag der Geschütze, den Flug der Pfeile und Geschosse ohne
Zahl.“ Es gab Verwundete und Tote, sämtliche Klostergebäude
wurden durch Feuer vernichtet. Statt nun den kürzesten Heimweg
zu nehmen, zogen die Markgräflichen noch drei Tage plündernd
und sengend durch das Waldsassener Stiftland. Inzwischen sammelte
Kaspar v. Erlbeck, Pfleger von Parkstein, alle wehrfähigen
Männer des angrenzenden pfälzischen Gebietes in Kemnath.
Es sollen über 1100 meist Bauern und Knechte gewesen sein,
die er gegen die markgräfliche Übermacht führte.
Es war der 8. August 1504. Die Markgräflichen lagerten nach
einem vergeblichen Versuch, das Schloss Ebnath zu stürmen,
im Wald zwischen Neusorg und Schwarzenreuth. Sie sollen nicht nur
die gestohlene Beute untereinander aufgeteilt haben, es wurde auch
dem Waldsassener Messwein ordentlich zugesprochen. Da griffen die
Kurpfälzer an und fielen über die Wunsiedler her und erschlugen
viele von ihnen. Nach der Überlieferung soll es 1000 Tote gegeben
haben. Die Trommler sollen bei dem überraschenden Überfall
nicht mehr die Zeit gehabt haben, ihre Trommeln von der Buche zu
nehmen, wo man sie aufgehängt hatte, um Alarm zu schlagen.
Man kannte noch lange den Baum, an dem die Trommeln hingen – die
Trommelbuche war in die Geschichte eingegangen! Sie wurde im Jahr
1860 gefällt. In der heimischen Bevölkerung kennt man
noch genau den Ort des Geschehens, der im Waldgebiet der Forst Ebnath
AG liegt und der den Namen „Schlachtung“ erhielt. Niedergeschlagen
und voller Reue kehrten damals die Wunsiedler heim, ihr Zorn richtete
sich nun gegen Amtmann v. Lüchau, der die ganze Sache angezettelt
hatte, aber selbst nicht einmal dabei war. Der Anführer der
Markgräfler beim Sturm auf das Kloster Waldsassen war, wie
aus einer Waldsassener Chronik hervorgeht, Balthasar Pybriczs, ein
berüchtigter Räuber, der bei der Schlacht den Tot fand.
Fast 500 Jahre später: Vorstand Wolfgang Riedl von der Forst
Ebnath AG lässt 1999 ein gewaltiges Denkmal im Gebiet „Schlachtung“
errichten. Steinblöcke aus Kösseinegranit vom Grasyma-Bruch
wurden an den historischen Ort transportiert und mit einem Kran
zu einem großen Tor aufgetürmt, Granit-Quader zu einem
offenen Ring aneinandergereiht. Im linken Felsblock lesen wir die
Inschrift: „8.8.1504 Hier starben 1000 Mann im Erbfolgekrieg“. Wie
erreicht man das Denkmal? Von Neusorg aus nördlich auf dem
Rundweg Nr. 3 etwa 2 km zur „Schlachtung“. Oder vom kleinen Parkplatz
an der Straße Schwarzenreuth – Schurbach auf der Rollbahn
etwa 1 km zum Denkmal. In der Fritsch-Wanderkarte, Auflage 16, ist
das Denkmal eingezeichnet.
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