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Das Steinkreuz des Heidenaabers
Dietmar Herrmann

HeidennaaberEiner der schönsten Wanderwege im Süden unseres Mittelgebirges ist der Fichtelgebirgssüdrand-Wanderweg. Westlicher Ausgangspunkt dieser 24 km langen Wanderstrecke ist Untersteinach, Ortsteil der Marktgemeinde Weidenberg. Sie verläuft über Görau, den Höhenrücken Bocksleite, den Lessauer Berg, Frankenseer Berg und durch den Seybothenreuther Forst zum FGV-Wanderheim Tauritzmühle. Im weiteren Fortgang durchquert der Wanderweg Heidenaab und das Seengebiet der Gabellohe mit dem NSG um den Hirschbergerweiher. Endpunkt ist Immenreuth. Das Markierungszeichen ist ein quadratisches, blaues Feld mit weißem Punkt. Besonders im zeitigen Frühjahr, wenn auf den Bergen des Hohen Fichtelgebirges noch der Schnee liegt, ist dieser Wanderweg gut begehbar, weil milde Westwinde die weiße Pracht hier schon weggeschmolzen haben.

Der Südrand-Wanderweg, der im Weidenberger Raum über unbewaldetes Gelände führt, gibt hervorragende Blicke frei zu völlig unterschiedlichen Naturräumen. Im Norden sieht man den dicht bewaldeten Höhenrücken der Königsheide und des Kreuzsteines, dazwischen das tiefeingeschnittene Kerbtal der Steinach. Vom Horizont grüßte der Ochsenkopf und Schneeberg herüber. Gegen Süden ein ganz anderes Panorama zum obermainischen Bruchschollenland.

Bei der vorgenannten  Wegführung handelt es sich um eine sehr alte Straße, die wahrscheinlich schon in vorgeschichtlicher Zeit bestand und größere Bedeutung hatte. Sie soll eine Fernhandelsstraße gewesen sein, die in West-Ost-Richtung verlief und den fränkisch-thüringischen Raum mit dem bayerisch-böhmischen verband. Im Volksmund heißt der Straßenabschnitt "Pfälzerstraße".

500 m südöstlich des Lessauer Berges, direkt an unserem Wanderweg, finden wir drei bemerkenswerte Kleindenkmäler (siehe Bild). Es handelt sich zunächst um eine Sandsteinsäule (115 x 40 x 40 cm), in halber Höhe mit einem kleinen Kreuz (1 x 11 cm). Sie soll in früherer Zeit einen Aufsatz getragen haben. Unmittelbar daneben befindet sich ein 35 cm hoher Steintrog von 90 x 90 cm Seitenlänge. Nur wenige Meter entfernt steht ein Steinkreuz aus Sandstein (110 x 60 x 35 cm), an der Vorderseite eine lochartige Vertiefung. Welche Bedeutung haben nun diese Steinmale an der alten Pfälzer Straße?

Es ist selten, daß man ein Steinkreuz anhand von Urkunden identifizieren kann, anders verhält es sich hier. Im Streit zwischen Rupprecht von Bayern und dem Burggrafen von Nürnberg wird am Dienstag vor dem Palmtag 1347 ein Vertrag geschlossen, der u.a. die Sühnung des erschlagenen Försters Heidenaaber, der in diesem Streit ums Leben kam, enthält. In diesem Vertrag wird dem Schuldigen auferlegt, eine Romfahrt zum Seelenheil des Erschlagenen zu unternehmen. Erst 150 Jahre später erfahren wir, daß auch ein Steinkreuz errichtet wurde und wo es steht. Im Salbuch der Herrschaft Waldeck von 1497 wird das Geleitsrecht auf verschiedenen Straßen von Kemnalth ausgehend festgelegt. Darin heißt es u.a.: ...von Kembnaten aus bis gen Payerreut durch die Krägnus bis zu des Heidenaabers kreuz...." Hier erfahren wir also den Ausgangsort des Geleits, den Wegverlauf und das Etappenende. Die damalige Straße verlief sonach von Kemnath aus über den Kragnitzwald, der im Seybothenreuther Forst liegt und dann über die Bocksleite Richtung Bayreuth, also gleichlaufend mit dem Südrand-Wanderweg. Bis zu dem Steinkreuz, dem Heidenaaber Kreuz also,  hatten die Waldecker das Geleit, von da ab übernahmen dann die Bayreuther den Schutz der Handelsreisenden. Die neben dem Steinkreuz stehende Steinsäule könnte ebenfalls mit dem Geleitsrecht in Zusammenhang gebracht werden als sog. Geleitsäule, denn nach den Stilmerkmalen soll sie in die Zeit um 1480 gehören. Nur die Bedeutung des Steintrogs ist noch unklar.

Wie wir bei unserer Wanderung auf dem kurzen Abschnitt des Südrand-Wanderweges feststellen können, handelt es sich hier nicht nur um einen landschaftlich reizvollen Wanderweg. Auch die historischen Begebenheiten und die interessante Geschichte der Orte zwischen Untersteinach und Immenreuth würden sicher ein kleines Büchlein füllen. Ein Vereinsausflug auf diesem Wanderweg kann Jedem nur empfohlen werden.

Literatur:
Döberl, Michael:
Die Landgrafschaft der Leuchtenberger;
Kröll, Joachim:
Geschichte des Marktes Weidenberg
Dill, Karl:
Kleindenkmäler im Landkreis Bayreuth
Wittmann,L.:
Das Steinkreuz 1959, S. 23-25.

Anschrift des Verfasser:
Dietmar Herrmann, Hofer Str. 36, 95632 Wunsiedel

 

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