Bayern-Fichtelgebirge >>> Zurück

Zur Antimonerz-Verhüttung im Fichtelgebirge

Stefan Meier, Marktredwitz

Bekanntlich wurde im Goldkronacher Bergbaurevier in früheren Zeiten nicht nur Gold gewonnen, sondern auch Antimonerze. Die antimonreichsten Gruben waren „Silberne Rose“ und „Schickung Gottes“ bei der Ortschaft Zoppaten. Letztere wurde vermutlich im 16.-17. Jhd. erschlossen und wegen der geringen Goldgehalte nur zeitweilig betrieben. 1863 wurde der Bergbau eingestellt (1).

Die Erze beider Gruben bestehen ganz überwiegend aus dem Antimonsulfid Antimonit, früher Spießglas oder Spießglanz genannt. Schon in den 1980er-Jahren konnten vom Autor im Haldenmaterial der Grube „Silberne Rose“ Antimonit reiche Schmelzrückstände und Tonscherben aufgefunden werden.

Bei der Suche nach Mineralien konnten nun im April 2001 zahlreiche Scherben von Keramikgefäßen aus dem Haldenmaterial der ehemaligen Antimonerzgrube „Schickung Gottes“ geborgen werden, die eine Rekonstruktion der Schmelztiegel ermöglichten. In unmittelbarer Nähe des Fundpunktes der Tiegelscherben wurde außerdem ein Pochstein freigelegt, der zur Zerkleinerung und Reinigung („Scheidung“) der Erze diente. Dieser Stein besteht aus Diabas, wie er am nahen Steinbühl ansteht und weist an der Oberfläche mehrere flach ausgearbeitete Mulden auf.

Die Rekonstruktion der Keramikscherben ergab, dass es sich dabei zweifelsfrei um Tiegel handelt, wie sie ehemals zur Antimonverhüttung verwendet wurden. Hierbei wurde aus den antimonitreichen Roherzen das leicht schmelzende (546°C) Antimonsulfid, Sb2S3, („Antimonium Crudum“) in einem speziellen Schmelzprozess ausgeschmolzen.

In einer zeitgenössischen Anleitung von Lazarus Ercker (1580) wird der Vorgang folgendermaßen beschrieben: „Nimm 2 oder 3 Pfund dieses Erzes, poche es haselnußgroß, bring es in einen Topf, der unten ein Loch hat, bedecke den mit einer Stürze, setze diesen Topf auf einen anderen, verstreich die Fugen mit Lehm, damit die beiden Gefäße nicht auseinanderfallen, und setze diese dergestalt zwischen Ziegelsteinen ins Feuer, daß der untere Topf wenig vom Feuer bestrichen wird, also im allgemeinen kühl bleibt, der obere aber in der Glut steht. Wenn dieser obere Topf gut glüht, dann fließt das Erz sehr leicht, und das Spießglas tropft durch das Loch in den unteren Topf. Laß es nun erkalten und nimm das Spießglas heraus, worauf du siehst, wie viel das eingesetzte Erz Spießglas gegeben hat. ...“  (2)

Der durch den Schmelzvorgang aus dem Erz ausgeseigerte Antimonit hinterlässt einen porösen Schmelzkuchen aus dem quarzreichen Gangmaterial, der von geschmolzenem Antimonsulfid durchtränkt ist. Derartige Rückstände wurden auf den Halden der Gruben „Silberne Rose“ und „Schickung Gottes“ gefunden.

Durch die Reaktion mit zugesetztem metallischem Eisen war die Gewinnung von metallischem Antimon „Regulus Antimonii“ möglich. Dies wurde nach alten Beschreibungen in einem zweiten Schmelzprozeß durchgeführt. Stark magnetische Eisenreste in den Tiegelinhalten deuten darauf hin, dass auch dies an der Grube „Schickung Gottes“ erfolgte.

Um ein Verbrennen des Antimons durch eindringenden Luftsauerstoff zu vermeiden war das obere Gefäß sicher abgedeckt und mit aufgestrichenem Lehm abgedichtet, wie Spuren an dessen Falz verraten. Reste von Deckeln konnten aber nicht entdeckt werden. Die anscheinend ungebrauchten Tiegelscherben sind innen mit einer bräunlich transparenten Glasur versehen, die benutzten weisen durch Antimonoxyd grünlichgrau gefärbte Schmelzkrusten auf, teilweise mit dicken Anbackungen vom Tiegelinhalt. Die Scherben lassen auf einen unterschiedlichen Durchmesser der Tiegel von 15 bis 20 Zentimetern schließen. Sehr ähnliche Tiegel wurden auch bei der spätmittelalterlichen Antimonitverhüttung im Schwarzwald verwendet (3) und auch noch im 19. Jhd. in Banska Stiavnica, Slowakei (4).

Interessierten sei ein Besuch des Goldbergbaumuseums in Goldkronach empfohlen, wo auch die geborgenen Reste der beschriebenen Antimonschmelztiegel ausgestellt sind.


Literatur:
(1) Chinta, R.: Geschichtlicher Überblick des Goldkronacher Erzbergbaues. - Geol. Bl. NO-Bayern, Bd. 32, S. 188-197, Erlangen 1983.
(2) Ercker, L.: Beschreibung der allervornehmsten mineralischen Erze und Bergwerksarten vom Jahre 1580. Freiberger Forschungshefte D 34, Berlin 1960.
(3) Goldenberg, G.: Die Gewinnung von "Antimonium Crudum" bei Sulzburg im Südschwarzwald im Spätmittelalter und in der Neuzeit. - Prozessrekonstruktion nach archäologischen Befunden und historischen Überlieferungen - mit Verhüttungsexperiment. - archaeomedia - Arbeitsgruppe Archäologie und digitale Medien, Freiburg. www.archaeologie-online.de
(4) Dill, H.: Ein Metall, das man für Geschosse braucht. Antimonbergbau hat in unserer Region eine lange Geschichte. - Frankenpost 11./12.01.1997.


Autorenadresse:

Stefan Meier
Zweigstrasse 22
D-95615 Marktredwitz
stefan.meier.mak@t-online.de
www.fichtelgebirgs-mineralien.de

Abb. 1: Wand- und Bodenteile der Schmelztiegel. Foto S. Meier.

Abb. 2: Rekonstruktion der Tiegel aus den Fragmenten.
Der untere Tiegel wird etwas niedriger gewesen sein als hier dargestellt. Zeichnung S. Meier.

Bayern-Fichtelgebirge