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Die Insel Helgoland im Fichtelgebirge
Dietmar Herrmann, Wunsiedel


Vorbemerkung

Im Eingangsbereich zum Felsenlabyrinth der Luisenburg bei Wunsiedel gibt es westlich des Kassenhäuschens einen Felsen, der heute noch in der Bevölkerung als „Insel Helgoland“ bezeichnet wird. Es ist ein gewaltiger Felsblock, um den sich ein schmaler Graben gefüllt mit Wasser zieht. Früher stand auf dem Felsen ein kleiner Holzpavillon und es führte eine Holztreppe zu ihm hinauf, die Aussicht nach Wunsiedel muss prächtig gewesen sein. Im Rahmen des Veranstaltungsjahres „Königin-Luise-Jahr 2005“1 hat die Stadt Wunsiedel u.a. diese alte Anlage wieder hergestellt, Zimmerermeister Michael Fuchs aus Wunsiedel-Schönbrunn hat den Bauauftrag erhalten. Wie kam der Felsblock damals zu seinem Namen und wer hatte die Namensgebung veranlasst? Beim Studium der Literatur stößt man auf Dr. Florentin Theodor Schmidt und auf einen seltenen Erwerbszweig, den es im Fichtelgebirge einst gab. Außerdem kann man feststellen, dass früher die aus ihrer Heimat Ausgewanderten sich gerne an ihre alte Heimat erinnerten und sie auch unterstützten.

Lebensgeschichte

Betrachten wir zunächst seine interessante Lebensgeschichte. Schmidt wurde am 1. November 1783 in Wunsiedel geboren, wo sein Vater Kreisarzt und Bürgermeis-ter war. 1797 verließ er seine Heimatstadt, um in Nürnberg eine kaufmännische Laufbahn zu beginnen. Die nächste Station war 1803 Hamburg, das ihm zur zweiten Vaterstadt wurde. Durch seine gründlichen Kenntnisse und Erfahrungen, durch seinen unermüdlicher Fleiß und vor allem seinen „biederer und wohlwollender Sinn“ erwarb er sich bald in weiten Kreisen Vertrauen und Wertschätzung. Er trat dann auch bald als Kompagnon in das Handelshaus des Herrn Senator Merck ein, wo er 51 Jahre aufs Gewissenhafteste tätig war. Aus der Ehe mit Juliane Adelaide Pauli gingen zehn Kinder hervor, von denen aber nur ein Sohn und zwei Töchter ihn überlebten. Schmidt verstarb am 15. Mai 1860 nach einer Kur in Wiesbaden. 1823 wurde ihm das Großherzogliche Oldenburgische Konsulat anvertraut; 1854 wurde ihm das Ehrenbürgerrecht der Stadt Bayreuth verliehen.2

Die Zuckerfabriken

Schmidt errichtete 1811 eine Zuckerfabrik in Wunsiedel.3 Das Gebäude steht heute noch in der Katharinenstraße 16. Im Jahr 1812 begann er dort in größeren Mengen Rohzucker zu raffinieren, das er aus Übersee bezog. 1813 erwarb er für die Holzbe-lieferung seines Betriebes und für die Holzkohleherstellung das Waldgebiet „Rugenholz“ bei Marktleuthen. Das Areal ist der heutige „Karolinenhain“, ein ländli-cher Ortsteil der Stadt Marktleuthen.4 1834 verlegt Schmidt die Zuckerfabrik nach Bayreuth – St. Georgen, da er dort günstigere Produktionsmöglichkeiten fand. Nach Schließung des Bayreuther Zuckerherstellungsbetriebes war Schmidt 1853 bis 1856 Mitbegründer der Mechanischen Baumwollspinnerei.

Gedenken an die Heimat

Während seines arbeitsreichen Lebens vergaß Schmidt jedoch nie sein Heimatland und schickte aus der Ferne immer wieder Spenden und Stiftungen. In Bayreuth be-stand die „General-Konsul Florentin Theodor Schmidt`sche Stipendien Stiftung“, mit deren Zinserträge aus dem Stiftungskapital Studierende unterstützt wurden. Aus der „Florentin Theodor Schmidts` Maria Stiftung“ erhielt die Kinderrettungsanstalt des Jean-Paul-Vereins ein Grundstück.
Auch an seine Geburtsstadt Wunsiedel erinnert er sich und an die Luisenburg, die nach 1810 eine Blütezeit besonderer Art erleben durfte. Die zahlreichen Badegäste des Alexanderbades, vor allem der Hochadel, besuchten gerne das Felsenlabyrinth der Luisenburg. Der verarmten Wunsiedler Bevölkerung wäre es zu dieser Zeit nicht möglich gewesen, den Felsengarten der Luisenburg instand zu halten. Hier sprang nun Zuckerfabrikant Schmidt gemeinsam mit seinen Brüdern ein, wobei er auch Unterstützung durch seine Hamburger Geschäftsfreunde fand.
1811 ließ Schmidt auf dem eingangs genannten fast sieben Meter hohen Fels-koloss einen hölzernen Aussichtspavillon erbauen, zu dem eine Holztreppe führte. Er nannte die Anlage „Insel Helgoland“.5 Diese Nordseeinsel muss für Schmidt bei der Einführung des Rohzuckers aus Übersee eine besonders wichtige Rolle ge-spielt haben. Napoleon Bonaparte hatte 1806 gegen England eine Handelsblockate („Kontinentalsperre“) verfügt, um den englischen Handel mit dem europäischen Kontinent zu unterbinden. England machte die Insel Helgoland zu einem Haupt-Stapelplatz („Schmuggelplatz“), von dem aus auch der Rohzucker nach Hamburg gelangte. Wen wundert es, dass Florentin Theodor Schmidt seine Schöpfung auf der Luisenburg nach dieser auch für ihn so wichtigen Insel benannte.

Literaturhinweise:

1  siehe hierzu Dietmar Herrmann: 200 Jahre Luisenburg; in: Der Siebenstern 2004, S. 305-308

2  Biographie bei www.bnbt.de, Buchstabe Sch

3  Elisabeth Jäger: Wunsiedel 1810-1932, S. 20,63

4  Dietmar Herrmann: Lexikon Fichtelgebirge, S. 317

5  Ludwig Hacker: Die Geschichte der Luisenburg, S. 107 

 

 

 

Die Insel Helgoland damals und heute im Felsenlabyrinth der Luisenburg:

 

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