1. Lage
Landkreis: Wunsiedel i. F.
Gemeinde: 95173 Schönwald I
Ort: Der große Kreuzstein steht auf der Anhöhe
des Pfaffenberges bei Schönwald, am Ortsrand rechts
der alten Straße nach Rehau (Flurname und Straßenbezeichnung
„Am Kreuzstein“).
Objekt-Bezeichnung: Kreuzstein
Landläufiger Name:
„Müllerstein“ oder „Mühlstein“, in der Literatur
auch „Scheibenkreuzstein“ und „Menhir“.
2. Beschreibung
Eine nach oben spitz zulaufende Steinplatte, womöglich
ein aus der näheren Umgebung (Pfaffenberg, Rabenberg)
stammender Findlingsblock.
„Auf dem ebenen Vorderfeld befindet sich ein eingehauenes
Wiederkreuz, auf zwei Halbbögen (Bogensockeln)
ruhend, eingelassen in ein radförmiges Gebilde.
Weitere senkrechte und waagrechte Linien lassen erkennen,
daß diese wiederum ein (lateinisches) Kreuz ergeben,
das seinerseits in einen weiteren Kreis gefaßt
ist (Ringkreuz). Die Rückseite des Steines prägt
ein einfacheres Motiv, jedoch wiederkehrende Formen:
Kreuz auf Halbbogen (Bogensockel), eingefaßt von
einem nach vier Seiten hin unterbrochenen Kreis. Beim
Ausmessen der Proportionen sind Ungenauigkeiten in der
handwerklichen Ausführung nicht zu übersehen.
Beide Seiten tragen überdies Einritzungen, die
zu vielerlei Vermutungen Anlaß gaben. Zwei befinden
sich auf der Vorder-, eine auf der Rückseite.“
(Schmeissner)
Überlieferung: „Urkundlich wird
der Kreuzstein nicht erwähnt. Eine Sage hat sich
jedoch hartnäckig erhalten, die dem Stein auch
die Bezeichnung „Müllerstein“ oder „Mühlstein“
eingebracht hat. Sie erzählt, daß an dieser
Stelle zwei Müllerburschen aus des Grünauer
Mühle, die von einem Tanzvergnügen heimgingen,
wegen eines Mädchens so in Streit gerieten, daß
sie sich mit ihren Messern gegenseitig töteten.
Der große Stein (der Hauptstein) soll nun an die
Bluttat erinnern, während der Nebenstein im Rauschenholz
den Begräbnisplatz anzeigen soll.“ (Schmeissner
nach Döberlein).
Deutungen der Kreuzsteine und ihrer
Eingravierungen wurden – je nach Auffassung – mannigfaltig
versucht. Fest steht, daß der Haupt- wie auch
der rudimentäre Nebenstein zu den interessantesten
Steinmalen Nordostoberfrankens gezählt werden dürfen.
Sie sind auch die umstrittensten. Einige Theorien sollen
kurz wiedergegeben werden:
– Schmidt (1935) bezog den Hauptstein als Scheitelstein
in ein astronomisches, nach der Sonnenwende orientiertes
Sinnmal ein.
– Dr. Maurer aus Höchstädt deutete das Kreuz
als Irminzeichen, das Rad als Sonnenzeichen und den
Hagedorn als Teiler. Er meinte, der Hauptstein stehe
auf dem christianisierten Pfaffenberg, der Nebenstein
in dem wohl vorchristlichen Rauschenholz, das er als
„Rosseholz“ deutete.
– Baderschneider (Hof) schließlich bezeichnete
den Stein als Menhir mit der Annahme, daß er ursprünglich
keine Zeichen trug. Sie seien erst später als christliche
Symbole eingemeißelt worden.
– Dr. Singer (Arzberg) na
nnte beide Steine „symbolhafte Grenzzeichen
zur Abmarkung einer alten Thing- oder Freistätte“.
Weiterhin mißt er der Sage von einer alten Kapelle
auf dem Pfaffenberg große Bedeutung bei und schließt
nicht aus, daß die aus der Verbindung der Kreuzsteine
mit den sich gegenseitig mordenden Müllergesellen
entstandene Sage durch eine falsch verstandene Auslegung
des Begriffs „Malsteine“ zustande gekommen sein kann
und schließt in diesem Zusammenhang auf einen
etwaigen Standort eines Galgens auf dem Rabenberg.
– Eine andere Ansicht spricht von einer Grabstätte
aus germanischer Zeit, die sich unter dem Stein befindet.
Neuere Theorien sprachen von einem Sühnestein bzw.
von einem kirchlichen Grenz- oder Besitzzeichen. Der
unlängst verstorbene Schönwalder H. Wohlrab
(zuletzt in München ansässig) kam zu dem Schluß,
daß gewisse Parallelen zu dem Kreuzstein von Unterlauter
(Kreis Coburg) bestehen und hält es für möglich,
daß die Singersche Theorie von der Existenz einer
Kapelle auf dem Pf
affenberg vor Errichtung der Kirche
in Schönwald einen realen Hintergrund haben mag
und die beiden Kreuzsteine damit irgendwie in Zusammenhang
stehen.
– In neuester Zeit äußerte sich der bekannte
Denkmalforscher Prof. Dr. F. K. Azzola zu diesem Problem:
„Über den großen Schönwalder Kreuzstein
ist schon viel geschrieben worden, doch man gewinnt
bei einer Durchsicht der Literatur den Eindruck, daß
die Bearbeiter aus überwiegend lokaler, bestenfalls
begrenzter Denkmalkenntnis heraus versuchten, diesem
Kreuzstein gerecht zu werden. Dies muß angesichts
seiner Einmaligkeit wie auch der Tatsache, daß
sich in ihm zahlreiche, voneinander sehr verschiedene
Strukturen und ikonographische Elemente vereinigen,
zwangsläufig zu unbefriedigenden Ergebnissen, ja
Fehlurteilen führen.
So zeigt die Vorderseite des Hauptsteins nicht nur ein
eingerilltes Kreuz über einem Bogensockel, sondern
auch in den Ecken Segmente, die sich zu einer konzentrischen
Scheibe ergänzen. In dies Kreuz
ist ein Wiederkreuz ebenfalls über
einem Bogensockel und einem zusätzlichen konzentrischen
Ring eingefügt. Dazu kommen noch Hammer und Zange
als Handwerkszeichen eines Schmieds. Die Rückseite
zeigt ein doppelkonturiges Scheibenkreuz mit einem darin
eingerillten Wiederkreuz über einem Bogensockel
und einem Hammer.
All diese Strukturen und Elemente lassen nur eine überregionale
Wertung zu, weshalb sich eine erschöpfende denkmalkundliche
Darbietung auf Material aus dem gesamten mitteleuropäischen
Raum stützen müßte, eine Voraussetzung,
wie sie die Kleindenkmalforschung bisher nicht erarbeiten
konnte. Es sei deshalb hier lediglich auf zwei Denkmale
verwiesen, die trotz vergleichsweise schlichter Ausführung
Merkmale aufweisen, welche dem großen Schönwalder
Kreuzstein nahe kommen.
Es ist zum einen der Rest eines zweiten Schönwalder
Flurdenkmals, der im Fichtelgebirgsmuseum zu Wunsiedel
aufbewahrt wird und beiderseits die Kombination eines
eingerillten Wiederkreuzes mit
einem ebenfalls eingerillten
Scheibenkreuz aufweist. Ähnlich ist der Kreuzstein
bei Seubtendorf im Kreis Schleiz (Bezirk Gera) ausgeführt
... . Sein Standort liegt ca. 35 km nordnordwestlich
von Schönwald an der Straße, die von Hof/Saale
über Gefell nach Schleiz führt. Ob sich im
östlich angrenzenden Raum Egerland/Westböhmen
Denkmale dieses Typs erhalten haben, ist mir nicht bekannt
und aus der älteren Literatur nicht ersichtlich.“
(Schmeissner)
3. Maße / Material
145 : 100 : 24 cm / Granit
4. Literatur/Quellenangabe
Schmeissner, Rainer H.: Steinkreuze im Sechsämterland,
in: Beiträge zur Geschichts- und Landeskunde des
Fichtelgebirges 2 (1980).
Döberlein, Christian: Der Schönwalder Kreuzstein,
in: Siebenstern, Sondernummer über Schönwald,
1961.
Trukenbrod, Georg: Steinkreuze im Bezirksamte Rehau,
in: Der Siebenstern 10/1937.
Wittmann, Leonhard: Die Flurdenkmäler des ehemaligen
Reichsstadtgebietes Nürnberg, I. Teil: Der Ursprung
des Steinkultes, 1933, S. 14 u. Abb. 9
Singer, Dr. F.W.: Spuren einer fränkischen Centene
um Schönwald-Selb, in: Der Siebenstern, 1962, Heft
5 und 6
Bucka, Hans: Flurdenkmale der Stadt Selb und des Landkreises
Rehau, in: Mitteilungsblätter der Deutschen Steinkreuzforschung,
25. Jg., 1969, Heft 2, S. 16 - 17, Nr. 44
Appeltshauser, H. / Leistner, A. / Reiter, R.: Steinkreuze
und Kreuzsteine im Umkreis von Coburg, 1981, S. 52 m.
Abb. 87
5.Erfasser
Paul Basler
Zeppelinstraße 16a, 95126 Schwarzenbach/S
Telefon /E-Mail 09284/8723 PaulBasler@web.de |