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Proterobas-Glashütte am Ochsenkopf
Dietmar Herrmann

Am Südosthang des Ochsenkopfes, dem zweithöchsten Berg des Fichtelgebirges, liegt in 820 m ü.NN in der Waldabteilung Wolfslohe eine historische Handwerksstätte, von der bisher nur sehr wenig bekannt war. Es handelt sich um eine ehemalige Waldglashütte, der Standort ist dem Bischofsgrüner Glasforscher Gerhard Zeh zu verdanken. Man erreicht den historisch wichtigen Ort nur zu Fuß. Vom Parkplatz des Besucherbergwerks Gleisingerfels bei Fichtelberg-Neubau, an der Panoramastraße gelegen, führt eine nicht öffentliche Fahrstraße zum Gipfel des Ochsenkopfes. Dieser folgen wir bergan und nach 1,2 km Wegstrecke kommen wir zum ehemaligen Standort der Glashütte, wo einst aus dem Gesteinsmaterial Proterobas Knöpfe und Perlen („Paterln“) hergestellt wurden. Der Weg dorthin ist ausgeschildert.

Geologie

Der seltene Proterobas ist ein schwarz-grünes Gang-Gestein von besonderer technischer Verwertbarkeit, im Natursteinhandel auch als „Grüner Porphyer“ bezeichnet, im Volksmund „Knopfstein“ oder „Grünstein“ genannt. Das Gestein tritt im Granitmassiv des Ochsenkopf in einem 5 bis 20 Meter breiten und etwa 8 km langen, NW-SO streichenden Gang auf. Von Neubau (Gemeinde Fichtelberg) bis Bischofsgrün wurde es in über 20 sehr schmalen aber tiefen Steinbrüchen abgebaut. Primäre Mineralien des Gesteins sind: Augit, basischer Plagioglas, Biotit, Apatit, Titaneisen, Pyrit und Magnetkies. Proterobas ist im geologischen Zeitalter Perm nicht als eigenständiges Magma ausgebrochen, sondern entstammt der Restschmelze eines Tiefengesteins und konnte sich im Granit gangartig einnisten und gesondert erstarren („Spaltenfüllung“).

Wirtschaftliche und künstlerische Nutzung

Der Ochsenkopf-Proterobas wurde zu Grabsteinen und Denkmälern verarbeitet. Er war im „Dritten Reich“ bevorzugtes Material für Skulpturen. Platten für Wand- und Bodenverkleidungen sowie technische Steinkörper und Pflastersteine wurden aus ihm gewonnen.
Proterobas schmilzt bei einer Temperatur von etwa 1300 Grad zu einem tiefdunklen Glas, er war deshalb von großem wirtschaftlichen Wert bei der Herstellung von Glasperlen und Glasknöpfen. In den Orten Bischofsgrün, Oberwarmensteinach, Warmensteinach und Mehlmeisel standen noch im 19. Jahrhundert solche Knopf- oder Paterlhütten. Glasperlen verwendete man bei der Anfertigung von Armbändern, Ketten, Tischdecken, Glockenzügen und schmückte damit Damenkleider, der Vertrieb erstreckte sich sogar auf das Ausland.

Glashütte in der Wolfslohe

Gerhard Zeh unternahm 2004 in Absprache mit der Unteren Denkmalschutzbehörde beim Landratsamt Bayreuth verschiedene Grabungen und konnte über 100.000 Einzelobjekte (Glasknöpfe, Bruchstücke von Waldhohlglas und dünne Butzenscheiben) sichern. Es folgten nun archäologische Untersuchungen durch Wissenschaftler, bei denen im Laufe der Grabungen Ofenfragmente, Rohmaterial, Schlacken, angeschmolzene Proterobas- und Glasmasse, Halb- und Fertigprodukte , Schmelztiegel und Werkzeuge geborgen werden konnten. 2006 wurden durch den Träger des Projekts (Landkreis Bayreuth, Naturwissenschaftliche Gesellschaft, Zuschussgeber) Informationstafeln aufgestellt und ein symbolhafter Ofengrundriss angelegt.

Literatur

Schmidt, Albert: Der als Proterobas bezeichnete Grünstein im Fichtelgebirge. In: Der Steinbruch, Heft 5/1910
Schmidt, Albert: Die Geschichte der Glas- und Perlenfabrikation im Fichtelgebirge. In: Archiv für Geschichte und Altertumskunde von Oberfranken, 21. Band 1899, Heft 1
Hüttner, Jörg: Der Fichtelgebirgsgranit – Werkstoff einer Region; Heft 6/1996 der FGV-Schriftenreihe Das Fichtelgebirge
Frankenpost Hof und Nordbayerischer Kurier Bayreuth: Ausführliche Berichterstattung über die Ausgrabungstätigkeiten (im FGV-Archiv)

Anschrift des Verfassers:

Dietmar Herrmann, Friedrich-Meinel-Straße 26, 95632 Wunsiedel

Schluchtartiger Protrobas-Steinbruch um 1920

Aufgelassener Proterobas-Steinbruch östlich des Weges Neubau zum Ochsenkopfgipfel

Informationstafeln am ehemaligen Standort der Waldglashütte Ochsenkopf

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