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Der Schneeberg im Fichtelgebirge

Von Dietmar Herrmann, Wunsiedel, aktualisiert Jan2010

 

Topografie
Der Schneeberg mit 1051 m ü.NN ist der höchste Berg im Fichtelgebirge und im Frankenland. Der Gipfelbereich liegt im Landkreis Wunsiedel i. Fichtelgebirge, westlich grenzt der Landkreis Bayreuth an. Die ausgedehnten Wälder werden von den Bayerischen Staatsforsten bewirtschaftet, zuständig ist der Forstbetrieb Selb. Der weithin sichtbar ehemalige Aufklärungsturm der Bundeswehr erinnert an den „Kalten Krieg“ und ist heute auch ein Mahnmal für den Frieden.

 

Naturschutzgebiet

Der Gipfelbereich besteht aus einem Granitblockmeer und einer Felsburg mit dem Namen „Backöfele“, auf dem das Aussichtstürmchen "Backöfele" steht. Der Gipfelbereich ist Naturschutzgebiet, hat aber während des Dritten Reichs sehr „gelitten“ und wurde nach Kriegsende durch militärisch genutzte Bauwerke fast völlig zerstört. Am 29.12.1995 erwarb der Landkreis Wunsiedel i. Fichtelgebirge auf Initiative von Landrat Dr. Peter Seißer eine 6500 qm große Teilfläche im ehemaligen amerikanischen Sperrgebiet, auf der auch das "Backöfele" steht. In Zusammenarbeit mit dem Naturpark Fichtelgebirge erfolgten Abbruch- und Renaturierungsmaßnamen. Siehe http://www.regierung.oberfranken.bayern.de/nsg/f10.htm  

 

Name

Der Name Schneeberg soll von snede=Grenze herrühren, was von Wissenschaftlern so gedeutet wird. Wahrscheinlicher ist jedoch, dass hier das lange Schneevorkommen namensgebend war. Die Felsengruppe auf dem höchsten Punkt des Berges heißt "Backöfele", der Name übertrug sich auf den Aussichtsturm. Im 30-jährigen Krieg sollen sich dorthin die Bewohner der umliegenden Orte geflüchtet haben, die dann dort auch ihr Brot buken.

 

Militärische Einrichtungen

 

Der Berg hatte wegen seiner weiten Fernsicht schon immer eine strategisch wichtige Bedeutung. 1498 wurde Kunz von Wirsberg, Hauptmann auf dem „Gebürg“, vom  Landesherren dem Markgrafen angewiesen, eine Wartordnung auszuarbeiten. Dabei entstand auf verschiedenen Bergen des Fichtelgebirges ein Netz von Beobachtungsstationen, die bei Kriegsgefahr Feuer- oder Rauchsignale an die benachbarten Warten abgeben mussten. Die Weißenstädter mussten 1520 hier eine ständige Wache einrichten; 1713 sah man noch Reste dieser Warte.

 

Die Deutsche Luftwaffe ließ 1938 einen 35 Meter hohen Holzturm errichten, dessen Verwendungszweck als "geheim" galt. 1942 brannte er aus "unerklärlichen Gründen" nieder. Anschließend entstand ein einfacher Holzturm für das Militär, der nicht verschalt war. Daneben baute man ein Stahlgerüst mit Stabantennen. Als in der zweiten Aprilhälfte 1945 die amerikanischen Streitkräfte in das Fichtelgebirge einrückten, verließen die Soldaten der deutschen Luftwaffe den Schneeberg, ohne die dortigen Anlagen zu zerstören. Holzturm und Stahlgerüst waren nach kurzer Zeit verschwunden.

 

Am 14.11.1951 requirierten offiziell US-Streitkräfte einen Teil des Gipfels, errichteten verschiedene Gebäude und Stahlkonstruktionen für Antennen und Parabolspiegel. 1961 übernahm die Bundeswehr den nördlich angrenzenden Bereich des Gipfels, 1967 nahm der Fernmeldesektor E im neuen Turm (Höhe: 72,8 m) seine Aufklärungsdienste auf. Der Berggipfel war militärisches Sperrgebiet, der Aussichtsturm "Backöfele" war jetzt "eingesperrt". Wegen der militärischen Entspannung in Europa verließen die US-Streitkräfte am 30.4.1992 den Schneeberg, am 31.3.1993 stellte die Bundeswehr ihren militärischen Aufklärungsbetrieb ein. Der letzte Soldat verließ am 30.6.1994 die "Luftverteidigungsstellung Schneeberg", die Liegenschaften gingen an die Bundesvermögensverwaltung über. Der ehemalige Bundeswehrturm wurde an die Firma Mannesmann für Zwecke des Mobilfunks verpachtet.

 

Noch einige Ausführungen zu den Aufklärungstürmen. Mitte der sechziger Jahre errichtete die Bundeswehr, verteilt über das damalige Westdeutschland, mehrere sich ähnelnde Funkaufklärungsanlagen mit praktisch baugleichen Türmen. Diese bereits 1960 geplanten, sogenannten Fernmeldesektoren-Türme der Luftwaffe  bildeten eine Art "Perlenkette" entlang der deutsch-deutschen bzw. deutsch-tschechischen Grenze und waren mit Buchstaben gekennzeichnet. Erster Turm dieser Bauart und Prototyp für die Folgebauten war der Turm des Fernmeldesektors E auf dem Schneeberg im Fichtelgebirge. Nach jeweils zwei bis drei Jahren Bauzeit wurden die Türme bezogen. 1987 wurde mit dem Bau sogenannter "horizontaler Erweiterungen" für Betriebsräume, Werkstätten etc. begonnen.

 

So entstanden Türme für den

  • Fernmeldesektor A in Klaustorf (Ostseeküste, Unterkunft der Soldaten in Großenbrode, Baubeginn 1965, aufgelöst 2004),
  • Fernmeldesektor B am Thurauer Berg (Wendland, Unterkunft der Soldaten in Dannenberg, Baubeginn 1965, aufgelöst März 1994),
  • Fernmeldesektor C  in Stöberhai (südlicher Harz, Unterkunft der Soldaten in Osterrode, Baubeginn 1964, aufgelöst März 1993),
  • Fernmeldesektor E auf dem Schneeberg im Fichtelgebirge (Unterkunft der Soldaten in Wunsiedel, Baubeginn 1963, aufgelöst 1993)
  • Fernmeldesektor F auf dem Hohen Bogen (Bayerischer Wald, Unterkunft der Soldaten in Bad Kötzting, Baubeginn 1965, aufgelöst 2004).

Es gibt bzw. gab noch weitere Türme gleicher Konstruktion, so beispielsweise den "Turm M" des Marine-Fernmeldesektors 73 in Pelzerhaken (1992 aufgelöst). Obwohl sich diese Kampfführungsanlagen architektonisch zum größten Teil stark glichen unterschieden sie sich in der Nutzung teilweise doch erheblich voneinander. Die Nutzungspläne für jedes Geschoß und jede Antennen-Stellfläche der Anlagen mussten vom Bundesministerium der Verteidigung einzeln geprüft und genehmigt werden.

 

Ausgestattet waren die Türme mit Funkabhöranlagen (elektronische Aufklärung) zum Abhören des militärischen Funkverkehrs. Man konnte damit Truppen- und Flugbewegungen der Staaten des Warschauer Paktes nachvollziehen.

 

Denkmalschutz

 

Wie bereits ausgeführt, ist der Aufklärungsturm auf dem Schneeberg ein Geschichtsdenkmal, das an den „Kalten Krieg“ erinnert, aber auch ein Mahnmal für den Frieden. Nachdem der baugleiche Turm auf dem Hohen Bogen im Bayerischen Wald 2007 unter Denkmalschutz gestellt wurde, wurde der Aufklärungsturm auf dem Schneeberg 2010 vom Landesamt für Denkmalschutz zum geschützten Baudenkmal erklärt.

Siehe hierzu: www.blfd.bayern.de, Link BayernViewer-denkmal (Gemeindename Weißenstadter Forst-Süd, Adresse Backöflein)

Weitere Informationen

 

Touristische Nutzung des Berges

 

1879 baute die Sektion Fichtelgebirge des Deutsch-Österreichischen Alpenvereins (Vorgängerin des Fichtelgebirgsvereins) die erste einfache Besteigungsanlage auf den Felsengipfel, gleichzeitig wurde eine einfache Steinhütte errichtet. 1926 wurde der Aussichtsturm "Backöfele" aus Eichenstämmen von der FGV-Ortsgruppe Weißenstadt gebaut. Dem Wanderer bieten sich vom 14 m hohen Holzturm weite Fernsichten: Frankenwald und Thüringer Wald, Elster- und Erzgebirge, bayerisch-böhmisches Grenzgebirge und rings herum das Fichtelgebirge! Seit 29.8.1996 besteht wieder freier Zugang zum Aussichtsturm "Backöfele".

 

Wanderwege/Einkehrmöglichkeit

 

Auf den Schneeberg führen keine öffentlichen Fahrstraßen. Die asphaltierte Straße, die von der Kreisstraße Bischofsgrün – Weißenstadt abzweigt und zum Schneeberggipfel führt, ist für den öffentlichen Verkehr gesperrt (verschlossene Schranke). Sie wird aber gerne im Winter als Wanderweg zum Gipfel benutzt. Den Gipfelbezirk erreicht man nur auf markierten Wanderwegen des Fichtelgebirgsvereins. Auf dem Schneeberggipfel gibt es keine Einkehrmöglichkeit, weshalb bei einer Wanderung Rucksackverpflegung empfohlen wird. Die nächste Einkehrmöglichkeit ist das FGV-Unterkunftshaus Seehaus (Montag Ruhetag).

 

Wanderparkplätze mit Zugang zum Schneeberggipfel:

  1. Seehausparkplatz an der B 303/E48 mit Wanderung auf dem Fränkischen Gebirgsweg zum Gipfel, Rückweg über Nußhardt und FGV-Seehaus,
  2. Parkplatz Silberhaus an der B 303/E48 mit Wanderung auf dem Höhenweg über Platte, FGV-Seehaus, Nußhardt zum Gipfel,
  3. Parkplatz an der Höhenklinik Bischofsgrün mit Wanderung über Haberstein zum Gipfel,
  4. Parkplatz Weißenstädter See, Wanderung auf dem Höhenweg über den Rudolfstein zum Gipfel
  5. Wanderparkplatz Vordorfermühle (Gemeinde Tröstau),  Wanderung über Seehaus und Nußhardt zum Gipfel,
  6. Wanderparkplatz Leupoldsdorferhammer (Gemeinde Tröstau), Wanderung über Seehaus und Nußhardt zum Gipfel.

Links

2014: Neues vom Schneeberg-Turm

Das ehemalige Militärgelände der Bundeswehr auf dem Schneeberg wurde am 2. Oktober 2014 von dem Energieversorger SWW Wunsiedel GmbH (früher Stadtwerke Wunsiedel) von der Bundesanstalt für Immobilien käuflich erworben. Es umfasst im Gipfelbereich 12.695 Quadratmeter Grund mit dem ehemaligen Fernmeldesektorenturm, mit ehemaligen Wachgebäuden, Kfz-Hallen, Sozial- und Bürogebäude, Bunker.

Die SWW Wunsiedel GmbH will das Areal für die Breitbandversorgung der Region nutzen. Dort, wo keine Glasfaserkabel verlegt werden können, könnte dann eine leistungsfähige Richtfunkverbindung einspringen. Mit dem Schneebergturm kann eine zentrale Schaltstelle für das Internet im Fichtelgebirge geschaffen werden. Der Mobilfunkanbieter Vodafone nutzt bereits seit einigen Jahren als Mieter den Turm.

Die Universität Bayreuth möchte den Schneebergturm für Forschungszwecke nutzen. Der Standort ist bestens geeignet für Wissenschaftler, die sich mit Atmosphärenforschung, Klimawandel, Luftqualität oder mit den Auswirkungen von Klimaextremen auf Pflanzen- und Tierwelt beschäftigen.

Die SWW Wunsiedel GmbH hat sich dazu entschieden, einen Kommunikationsbeirat zu gründen, dem die Bürgermeister der umliegenden Städte und Gemeinden angehören. Da das neue SWW-Areal in einem Naturschutzgebiet liegt, gehören dem Beirat auch der Fichtelgebirgsverein und der Bund Naturschutz an.

Bergwacht

 

Die Bergwacht im Fichtelgebirge hatte die Betreuung im Schneebergmassiv ab dem Jahr 1925 übernommen. 1928 baute die Bereitschaft Weißenstadt in unmittelbarer Nähe des Backöfele-Felsens eine Blockhütte, deren Vorraum Unterschlupf bei Witterungsunbilden bot. 1953 musste wegen des militärischen Sperrgebietes eine neue Hütte am Höhenweg in Richtung Nußhardt errichtet werden. 1998 konnten die Weißenstädter Bergwachtkameraden ihre neue Hütte am Nordosthang des Schneeberggipfels einweihen.

 

Geschichte der Bergwacht

http://www.bergwacht-bayern.de/fichtelgebirge/wir_ueber_uns/wir_ueber_uns.htm

 

Literatur

 

Rudolf Thiem:
Der Schneeberg – höchster Berg des Fichtelgebirges
Heft 13/2006 der Schriftenreihe des Fichtelgebirgsvereins „Das Fichtelgebirge“
152 Seiten, Preis: 13,50 €
Bezugsquelle: Fichtelgebirgsverein e.V., Theresienstraße 2, 95632 Wunsiedel
info@fichtelgebirgsverein.de, Lieferung gegen Rechnung

 

 

Einrichtung der Landesvermessung vor 1879

Backöfele im Jahr 1879

Bau und Einweihung des Backöfele 1926

Bauwerke der Deutschen Wehrmacht im Jahr 1938

Schneeberggipfel 2004

Schneeberggipfel 2005

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